Historie 1135-1803

Die Historie der Abtei 1135-1803

Die Geschichte des deutschen Mittelalters ist Kirchengeschichte. Die Kirche war auch treibende Kraft im weltlichen Leben. Das grundherrschaftliche Gefüge regelte annähernd 1.000 Jahre lang die rechtliche, soziale und wirtschaftliche Ordnung. Anhand zahlreicher - häufig später "modifizierter" - Urkunden lässt sich die Geschichte unserer Region rekonstruieren. Zudem waren die Klöster im Mittelalter Orte der geistigen Weiterentwicklung und sozialen Fürsorge.






So ging auch die Prämonstratenserabtei Rommersdorf eine Symbiose des Zusammenlebens mit der sie umgebenden Region, v.a. dem Kirchspiel Heimbach ein (obenstehende Ansicht - rechts vergrößert - von 1720 zeigt Rommersdorf (A) links oberhalb des befestigten Kirchortes Heimbach (G) und des kleineren Ortes Weis (H)). 




Erste Erwähnung
Im Jahre 1093 wurde der Laacher Hof in Heimbach erstmals urkundlich erwähnt. Diese Urkunde belegt, dass dieser pfalzgräfliche Hof, welcher das Freiheimrecht besaß, eine Schenkung des Pfalzgrafen Heinrich an das Benediktinerkloster Laach war. Vögte dieses Hofes waren die Herren von Isenburg.

Wo heute die Klostergebäude stehen, befand sich zu dieser Zeit vermutlich der Herrenhof der Freien von Rommersdorf, die gleichzeitig die Herren von Isenburg-Rommersdorf waren.
Das genaue Gründungsdatum Rommersdorfs ist bisher nicht bekannt, doch alle Indizien weisen darauf hin, dass die Niederlassung von Reginbold von Rommersdorf um 1117 gegründet wurde. In der Kapelle des Hofes fand sich ein Benediktinerkonvent aus Schaffhausen unter dem Vorstand eines Hermann ein. Doch um 1125 verließ dieser Konvent den Hof und gab die Niederlassung wegen "Armut des Ortes" auf. Grund hierfür war wohl die fehlende Unterstützung des Stifters, die benötigt wurde, um ein wirtschaftlich gefestigtes Kloster zu errichten. 

Wiederbesiedlung
Der erste Versuch der Wiederbesiedlung Rommersdorfs geschah auf Veranlassung des Erzbischofs Albero von Montreuil (1131-1152). 1135 siedelten die ersten Prämonstratenser aus Floreffe in Rommersdorf. Der junge, von Norbert von Xanten 1120 in Prémontré bei Laon gegründete Orden lebte nach der Augustinerregel in Kanoniker- oder Chorherrenstiften (siehe nebenstehende Darstellung, wonach Norbert [re.] von Augustinus [li.] die Regel überreicht bekommt). Als der Orden 1126 vom Papst anerkannt wurde, gab es bereits neun Ordenshäuser. Es folgten in schneller Folge hunderte in ganz Europa. Um die Mitte des 14. Jh. soll es bereits 700 Männer-und 400 Frauenklöster gegeben haben.

Die erste Ausstattung Rommersdorfs bestand aus den Höfen Stebach und Steinebach. Abt Gerlach von Floreffe schickte Fachleute im Klosterbau, in Land- und Viehwirtschaft und strenge Zuchtmeister für den Konvent, sodass die eigentliche Blüte der Abtei nun ihren Anfang nahm.

1162 erteilte Papst Viktor IV. Rommersdorf das Privileg der freien Abtswahl. Bis dahin standen Äbte aus Floreffe dem Konvent vor.


Die ersten Rommersdorfer Äbte
Die ersten Rommersdorfer Äbte beschäftigten sich vornehmlich mit dem Ausbau des Klosters.
So entstand unter den Äbten Theoderich (1135-1145) und  Maccharius (1151-1153) die romanische Klosterkirche. Schon zu dieser frühen Zeit wurde Rommersdorf zum Mutterkloster neuer Niederlassungen (Rettershof bei Königstein im Taunus, Wülfersberg bei Gladbach, an dessen Stelle heute noch die Wülfersberger Kapelle steht). Da Wülfersberg bereits 1140 entstand, liegt es nahe, dass es - typisch für die Frühzeit des Ordens - zusammen mit Rommersdorf ein sog. Doppelkloster bildete. Abt Heinrich (1156-1160) versuchte den Wirkungsbereich des Konvents zu erweitern. 

Um 1170 entsandte Abt Engelbert zwölf Wülfersberger Jungfrauen, die in Altenberg bei Wetzlar eine Kapelle zum Kloster erweiterten. Bekannteste Äbtissin war Mitte des 13. Jh. die Sel. Gertrud von Altenberg, Tochter der Hl. Elisabeth von Thüringen. Bis 1803 wurde Altenberg von Rommersdorfer Prioren betreut, die in der dortigen Klosterkirche häufig auch ihre letzte Ruhe fanden. Weitere Tochterklöster waren Dorlar (1298-1532) und Engelport.


Aufschwung
Im 13. Jahrhundert kam es zu einem schnellen Aufschwung der Abtei, ein Verdienst, der größtenteils auf die bedeutenden Äbte Reiner und Bruno von Braunsberg zurückzuführen ist. 
Unter Abt Reiner wurde der Klosterbau beendet. 1210 weihte Erzbischof Johann von Trier die Kirche. Mit dem äußeren Aufschwung nahm auch die Beachtung des Konvents zu. 1213 wurden die Äbte von Rommersdorf und Villers auf Wunsch des Papstes Innozenz III. als Kreuzzugsprediger nach Trier bestellt. Abt Reiner ertrank auf seiner Rückkehr im Rhein. 1220 beauftragte Papst Honorius III. Abt Bruno erneut mit dieser Aufgabe. Der im Kreuzzug verstorbene Heinrich von Isenburg hatte bereits 1218 der Abtei den großen Hof Markenberg testamentarisch vermacht.
Durch den Wohlstand der Abtei war es Abt Bruno möglich, einen weiteren Schlafsaal sowie zwei Flügel des Kreuzganges und ein Krankenhaus zu errichten (obige Skizze ist eine Rekonstruktion der örtlichen Situation um 1400).

1219 und 1233 fanden weitere Altarweihen statt. Der Aufstieg der Abtei wurde von den beiden Erzbischöfen zu Trier Theoderich II. von Wied (1212-1242) und Arnold II. von Isenburg (1243-1259) unterstützt. Zusammen mit Erzbischof Siegfried von Mainz und anderen Äbten wurde Abt Bruno beauftragt, einen Bericht über die Wunder der hl. Elisabeth von Thüringen für Papst Gregor IX. zu verfassen. Dass er Abt Bruno damit beauftragte, einen Streit zwischen dem Kölner Erzbischof und einem reichen Kölner Kleriker zu schlichten, beweist dessen großes Ansehen.

Nach dem Tode Brunos ging es einige Jahre stetig bergauf. 1255 wurde der wirtschaftlich wichtige Laacher Hof erworben. 
Bisher nahm die Abtei kaum Anteil an der Landespolitik. Sie wurde jedoch durch die Parteibildung zwischen Köln und Trier wegen der Königswahl stark in Mitleidenschaft genommen. Da in der „kaiserlosen“ Zeit (1250-1273) die Städte und Landesfürsten mächtiger wurden, benötigten diese Soldaten. Finanziert wurden diese meist durch die "Schatzkammern" des Landes, die Klöster und Abteien. Bis zum Todesjahr von Abt Embricos 1271 entstand dem Konvent dadurch eine immense Schuldenlast von 1.456 Mark. 
In Folge dessen schickte der Konvent den Kanoniker Konrad nach Rom, um dem Papst als Schutzherrn des Klosters die Missstände aufzuzeigen. Daraufhin erteilte Papst Clemens IV. 1268 der Abtei ein Schutzprivileg, welches dem Konvent erlaubte, nur die Schulden zahlen zu müssen, welche der Abt im Sinne der Abtei gemacht hatte.
Der Konvent überwand schnell die Notlage, 1271 wurde das Hospital zu Andernach der Abtei unterstellt.

Nach 70 Jahren der Ruhe kam es um 1340 zu einem Streit mit Vogt Gerlach von Isenburg, welcher einen Zehnt der Abtei beanspruchte. Ein für die Abtei günstiger Vergleich beendete den Streit.


Die Grenzauer Fehde
Die Existenz der Abtei war nie bedroht, solange die Vögte der Abtei – die Herrn von Isenburg – in gutem Einvernehmen mit den Erzbischöfen von Trier standen. Die doppelte Bindung der Abtei an die Herren zu Isenburg und Erzbischöfe zu Trier sollte aber noch eine Gefahr mit sich bringen. Die Auseinandersetzungen begannen, als Kurfürst Balduin eine Umstrukturierung der Diözese und eine Vergrößerung des Einflussgebiets auf der rechten Rheinseite anstrebte. Die mit den Herren zu Westerburg verbündeten Isenburger befanden sich um 1350 im Streit mit Kurfürst Balduin. Im Verlauf dieses Streits wurde die Abtei öfters geplündert, gebrandschatzt und verwüstet. Als Ausgleich für den der Abtei zugefügten Schaden trat Gerlach von Isenburg unter Druck von Erzbischof Balduin das Patronat der Pfarrei Heimbach an die Abtei ab. Ein Vorgang, der für die Geschichte von Heimbach-Weis hochbedeutsam war. Die baulichen Schäden konnten unter Abt Heinrich von Limburg (1357-1361) behoben werden. Die Abteikirche bekam ein neues Chorhaus mit hohen Lanzettfenstern.

Am Ende des 14. Jahrhunderts befanden sich viele reiche Güter im Besitz der Abtei, mittlerweile standen drei Frauenklöster unter ihrer Aufsicht. 

1343 erteilte Ludwig von Bayern einem Grafen von Wied die Belehnung des Freiheimgerichts in den Orten Heimbach, Wiesse (Weis) und Gladbach. 1336 hatten die Herren von Isenburg das Recht von König Ludwig erhalten, in diesen Orten Schultheiß und Schöffen einzusetzen, doch weder die Herren von Isenburg noch Wied konnten im Freiheimgericht Landeshoheit entwickeln. So fiel die vom Reich losgelöste Gerichtsbarkeit an den in Rommersdorfer Besitz befindlichen pfalzgräflichen Hof Heimbach. Aufgrund dieses Vakuums konnte sich Heimbach zu einem kleinen Bauernfreistaat entwickeln, dessen Existenz fast 200 Jahre währte, erst im 16. Jahrhundert der Expansionspolitik Triers zum Opfer fiel.


Schwere Zeiten
So ließ sich Graf Johann von Wied 1516 erneut mit den drei Dörfern belehnen und erwirkte ein kaiserliches Mandat gegen die Einwohner, welche die Huldigung verweigerten und nicht ihre alten Freiheiten verlieren wollten. 1521 erlangte Graf Johann von Wied ein zweites Mandat von Kaiser Karl V., welches die Unterwerfung gegenüber dem Grafen befahl. Das ist ein Beweis dafür, dass sich die Bevölkerung von Heimbach ihrer in Jahrhunderten gewachsenen rechtlichen Sonderstellung bewusst war und mit allen Mitteln versuchte, sich gegen die wiedischen Ansprüche zu wehren.
Die Abtei konnte sich an diesem Streit nicht beteiligen, da sie mit eigenen Problemen zu kämpfen hatte, wie der große Brand des Jahres 1500, der weite Teile des Klosters vernichtete. Da die wirtschaftliche Situation der Abtei denkbar schlecht war, konnte sie nicht politisch eingreifen. 1545 verlor die Abtei dann endgültig ihre Vorrechte im Kirchspiel durch einen vom Obristen von Reiffenberg  durchgeführten Gewaltstreich.

1570 gelang es dem Trierer Erzbischof Jakob von Eltz durch hohe Geldangebote den wiedischen Anteil im Kirchspiel, das von Wied nie beanspruchte Patronatsrecht, die Vogtei zu Rommersdorf und alle Rechte am Wülfersberger Gut bei Langendorf zu erwerben.

Auch Kurköln beanspruchte Hoheitsrechte im Kirchspiel. 1575 kam es zu einem Vergleich, in dem sich die beiden Kurfürsten die Hoheit teilen mussten. Der Isenburgische Anteil fiel nach der Resignation des Isenburgischen Herrn Salentins an Trier, welches den Besitz bis zur Säkularisation 1803 behaupten konnte. 

Der durch den Verkauf von 1545 erlittene Machtverlust und die einsetzende Reformation bedrohten die Abtei. Hinzu kamen zwei Klosterbrände in den Jahren 1541 und 1583 infolge des Truchseßschen Krieges, woraufhin um diese Zeit das nördliche Querhaus samt Seitenschiff sowie der nördliche Teil des Kreuzgangs niedergelegt wurden. Der Nordturm hingegen wurde erst etwa 100 Jahre später abgebrochen, gleichzeitig die Kirche um zwei Joche verkürzt. 


Erneuter wirtschaftlicher Aufschwung
Die Turbulenzen des 30jährigen Krieges setzten der Abtei zwar hart zu, jedoch nicht so wie jene im Jahrhundert zuvor. Zunehmend gegen Ende des Jahrhunderts unter Abt Karl Wirtz (1671-1705) wurde die Kirche rückgebaut und barockisiert. So wurde 1698 der Nordturm abgebrochen, die Kirche um zwei Joche gekürzt und mit einer neuen Westwand versehen, deren Maueranker auf besagtes Jahr verweisen. Ebenfalls wurde das Langhaus eingewölbt, das südliche Seitenschiff erhöht und mit einem Schleppdach versehen, so dass aus der einstigen Basilika eine einhüftige, zweischiffige Hallenkirche wurde.

Abt Johann Wirtz (1706-1729), ein Neffe seines Vorgängers im Amt, ließ den Konventstrakt neu bauen, holte dazu tüchtige Handwerker aus Tirol und Italien nach hier. Abt Franz Kech (1772-1792) aus Wetzlar ließ zahlreiche Wirtschaftsbauten neu errichten und die Klostermauern instandsetzen. Unter seiner Ägide und der Planung von Nikolaus Lauxen, einem Seitz-Schüler, entstanden zwischen 1777 und 1784 eine neue barocke Torfahrt (das sog. „Engeltor“, siehe historisches Foto unten) und ein neues Gästehaus, das gleichzeitig als Hospital fungierte.


Das Ende
Nachdem die Franzosen infolge der Revolutionskriege die linke Rheinseite okkupiert hatten, wurde im Juni 1803 das Kloster „säkularisiert“ oder aufgehoben und als „Entschädigung“ für linksrheinisch verlorene Gebiete dem Fürsten von Nassau-Usingen übertragen. Der letzte Abt, der 59. in einer langen Reihe, Augustin Müller, verließ mit neun Confratres – sieben waren noch auswärts tätig – die ehrwürdige Stätte. Die lange Geschichte der Abtei, die u.a. zwei Heilige – Dietrich von Rommersdorf, erster Abt des Prämonstratenserklosters († 16.12.1145) und Abt Elias von Rommersdorf († 24. März 1201) – hervorbrachte, ging zu Ende. 

Die wertvolle Einrichtung der Kirche, die Bibliothek und die Ausstattung des Klosters wurden in alle Winde zerstreut und gingen größtenteils verloren. 1820 wurde Rommersdorf für 72.000 Taler an den Freiherrn von Stolzenberg übertragen, der bald einen großen Teil der Gebäude niederreißen ließ. 1845 wurde das ganze Gut mit rd. 900 Morgen Land an den Herzog von Arenberg veräußert. 1875 zerstörte Blitzschlag die barocke Turmhaube der Kirche, sie wurde durch einen architektonisch unpassenden Zinnenkranz ersetzt. 1913 stürzte nach einem Brand das Gewölbe der Kirche ein. 1925 erwarb die Aar AG in Neuwied (heute Arenbergische Gesellschaften, zuvor Rhein. Bodenverwaltung AG in Düsseldorf) das Klostergut.

Ihr und den Bemühungen des Fördererkreises Rommersdorf e.V., einer echten Bürgerinitiative, ist es zu verdanken, dass das kunsthistorisch wertvolle Areal 1976 auf die Abtei Rommersdorf-Stiftung übertragen wurde. Der Stiftungsbereich umfasst die Kirchenruine, den Kapitelsaal, die beiden erhaltenen Kreuzgänge mit Innenhof, das Hospital, den Konventsbau mit vorgelagertem Rondellhof, den Pfortenhof und große Teile des Englischen und Französischen Gartens.


 © Dr. Lahr, Abtei Rommersdorf-Stiftung